
Zahlen und Fakten
In den Kellerräumen der ehemaligen Emil-von-Behring Bibliothek/Arbeitsstelle für Geschichte der Medizin an der Philipps-Universität Marburg lagerten Patient·innenakten aus der alten Chirurgischen Klinik, die in das Magazin des Universitätsarchiv überführt werden sollten. Der Bestand im Umfang von 10 Laufmetern stammt aus der Zeit von 1900 bis 1950 und beinhaltet Objekte, die zu den ältesten deutschen Überlieferungen der Chirurgie zählen. Er bildet zudem eine wichtige Komplementärüberlieferung zu den Krankenakten aus der Medizinischen Klinik (1920–1953) und den jüngeren Krankenakten im Universitätsarchiv.
Medizinhistorisch spiegeln die Patient·innenakten die Fortschritte, Techniken und auch Fehlschläge chirurgischer Eingriffe und Behandlungsmethoden wider und geben Aufschluss über Diagnosen von heute nicht mehr bekannten oder existenten Krankheitsbildern. Besonders hervorzuheben sind die von Patient·innen geschilderten Details ihrer Symptome. Darüber hinaus geben die Dokumente Einblick in demografische und gesellschaftliche Entwicklungen von Kaiserreich über Weimarer Republik und Nationalsozialismus bis zur jungen Bundesrepublik. So werden neben Patient·innen aus dem Marburger Umland auch Personengruppen auf Wanderschaft sichtbar, z. B. Händler·innen, Schausteller·innen und Kesselflicker·innen, die sich in Marburg behandeln ließen.
Die Akten lagen in Form von in Gewebe eingebundenen Foliobänden vor und waren innen wie außen von Schimmelpilz befallen. Einzelne Seiten waren verblockt, weshalb eine Nutzung nicht möglich war. Um die Objekte dauerhaft fachgerecht archivieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können, wurde im BKM-Sonderprogramm eine dekontaminierende Trockenreinigung vorgenommen. Die zum Teil stark befallenen und zerstörten Einbände und Umschläge wurden entfernt und nach der Reinigung durch neue Schutzverpackungen ersetzt. Im Anschluss wurden die Akten wieder in das Universitätsarchiv überführt.