Zahlen und Fakten

Bundesland
Ort
Kassel, Deutschland
Jahr
2023–2024
Förderlinie
Kategorie
Träger
Fördersumme
106.000,00 Euro

Die Einzelfallakten der Heilerziehungsanstalt Kalmenhof stammen aus den Jahren 1900 bis 1970. Sie enthalten neben Aufnahmebögen, Krankengeschichten und Berichten auch Fotografien, Briefe, Gewichtstabellen und Fragebögen. Der Bestand ist zentral für das Gedenken an die Opfer der NS-"Euthanasie" sowie für die Aufarbeitung der Heimerziehung in der Nachkriegszeit. Die 1888 gegründete Heilerziehungsanstalt Kalmenhof wurde 1933 vom Bezirksverband Wiesbaden, einem der Vorgänger des heutigen Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, übernommen. 1941 fungierte sie zeitweilig als Zwischenanstalt für die Tötungsanstalt Hadamar. Ende 1941 richteten die Nationalsozialisten auf dem Gelände eine sogenannte "Kinderfachabteilung" ein. Rund 700 Kinder und Jugendliche, die nicht dem NS-Weltbild entsprachen, wurden dort durch Medikamentengabe ermordet. 

Die im LWV-Archiv überlieferten Einzelfallakten dokumentieren die Verstrickung der Einrichtung in die nationalsozialistischen "Euthanasie"-Verbrechen. Im Bestand finden sich nicht nur Akten von Opfern und Überlebenden aus Hessen, sondern auch aus Hamburg, Westfalen und dem Rheinland. Nach Kriegsende diente der Kalmenhof als Einrichtung der Behinderten- und Jugendhilfe. Die aus dieser Zeit stammenden Unterlagen bieten einen Einblick in Praxis und Probleme der Heimerziehung der 1950er- und 1960er-Jahre. 

Bereits bei der Übernahme durch das LWV-Archiv waren die Akten in einem denkbar schlechten Zustand: Ein Hochwasser in den 1960er-Jahren hatte große Teile des Bestands getroffen. Die Folge waren Schlammablagerungen, Schimmelbildungen und Verklebungen, die nicht entfernt worden waren. Zudem war eine konservatorische Bearbeitung und fachgerechte Verpackung unterblieben. Im BKM-Sonderprogramms werden die Unterlagen nun restauriert. Ziel ist die Sicherung und Zugänglichmachung des Bestands für die Forschung sowie die interessierte Öffentlichkeit.