

Wie sah Europa für die Menschen des 17. und 18. Jahrhunderts aus? Um diese Frage besser nachvollziehen zu können, helfen uns die 1.300 handgezeichneten und gedruckten Karten und Pläne aus den insgesamt 28 Planbänden im Generallandesarchiv Karlsruhe. Exemplarisch wurden im Rahmen einer einjährigen KEK-Modellprojektförderung drei dieser Bände restauriert. Die Kriegs- und Festungspläne konnten dadurch wieder einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden, wie beispielsweise für die Ausstellung Fließende Räume – Karten des Donauraums 1650 bis 1800. Als internationale Wanderausstellung wurde sie in zahlreichen Städten des Donauraums in Österreich, Ungarn, Rumänien, Serbien und Kroatien gezeigt.
Der Ursprung der Sammlung ist auf die Interessen der Markgrafen von Baden-Baden und Baden-Durlach zurückzuführen. Privat, aber auch beruflich im Rahmen ihrer militärischen Funktionen, beschäftigten sie sich verstärkt mit Karten und Plänen. Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden (1655–1707) beispielsweise war Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen. Karten und Pläne bilden daher einen besonderen Schwerpunkt des Nachlasses. Sie sind Teil des Hausfideikomiss (Hfk) Handschriften, die das Generallandesarchiv von der Hof- und Landesbibliothek übernommen hat.
Die Bände waren auf unterschiedlichste Art und Weise vom Zerfall betroffen. Bereits im Zuge eines vorherigen Projekts wurden sie im Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut in Ludwigsburg hauptsächlich aufgrund von Kupfer- und Tintenfraß behandelt. Der Schaden konnte jedoch nicht komplett behoben werden. Zum einen wiesen die Bände nach wie vor starke Beschädigungen des Einbands auf, zum anderen befanden sich auch im Inneren erhebliche Schäden durch Insekten- und Mäusefraß. Außerdem löste sich die Heftung der Blätter größtenteils auf; hinzu kamen Verfärbungen durch Wasserschäden sowie Einrisse des Papiers. Bei einem der Bände handelt es sich um einen Pergamentband, der im Vergleich zu den anderen beiden Ganzlederbänden den erheblichsten Verlust aufwies. Der Buchblock war weitgehend aufgelöst und die Buchecken aufgestoßen, sodass der innere Teil kaum mehr geschützt war.
Durch die von der KEK unterstützten Restaurierung konnten sowohl die Einbände also auch die Buchblöcke wiederhergestellt werden. Hierfür mussten zuerst die Buchblöcke zerlegt werden, danach konnten durch Trockenreinigung, Neuheftung und Hinterklebung schließlich alle drei Bände stabilisiert werden.
Der Kartenbestand im Generallandesarchiv Karlsruhe gehört zu den bedeutendsten in ganz Europa. Daher stellt die erfolgreiche Restaurierung einen wichtigen Schritt für die langfristige Bewahrung essentieller Quellen zur Erforschung frühneuzeitlicher (Kriegs-)Geschichte dar. Handschriftliche Karten und Pläne verdeutlichen visuell die Entwicklung unserer europäischen Grenzen, die sich durch Kriege stetig verschoben haben. Heutzutage ist es in Europa zur Selbstverständlichkeit geworden, dass Staatsgrenzen innerhalb der Union immer weniger eine Rolle spielen. Die restaurierten Karten und Pläne helfen uns dabei, dieses europäische Gut in seiner historischen Entwicklung zu verstehen und zu schätzen.
Foto © Landesarchiv Baden-Württemberg - Generallandesarchiv Karlsruhe