In sogenannten Todesmärschen trieb das SS-Wachpersonal Häftlinge von Konzentrationslagern wie Auschwitz Birkenau kurz vor Kriegsende in Richtung Westen. Die herannahende Rote Armee vor Augen, begannen die Nationalsozialisten ab Sommer 1944 damit, viele frontnahe Lager zu räumen. Sie zerstörten dabei Beweise und verwischten Spuren. "Evakuierung" nannten sie das euphemistisch. Viele Häftlinge überlebten diese Todesmärsche nicht, brachen entkräftet zusammen, erfroren oder wurden vom Wachpersonal erschossen. Ihre Leichen verscharrte die SS anonym am Wegrand oder in Massengräbern. Welcher Häftling an welcher Stelle begraben wurde, versuchten die Alliierten nach Kriegsende zu dokumentieren.

Mehr als 7.500 originale Dokumente

Gemeinsam mit Überlebenden der Todesmärsche rekonstruierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des International Tracing Service (ITS) und seiner Vorgängerorganisationen die Strecken, exhumierten Leichen und versuchten Opfer zu identifizieren. Um die Ermordeten namentlich erfassen zu können, entfernten sie dazu die Häftlingsnummern von der Kleidung der Leichen. Im Abgleich mit den beim ITS archivierten sogenannten Häftlings-Personal-Karten aus Konzentrationslagern, auf denen die KZ-Aufseherinnen und -Aufseher sowohl Namen als auch Nummern notiert hatten, gelang das auch zum Teil. Die genauen Standorte der identifizierten Gräber hielt der ITS auf Plänen fest. Es entstanden Karten, auf denen allein die Grabstätten die Routen der Todesmärsche auf eine unheimlich genaue Weise nachzeichnen.

Karte KZ Flossenbürg
Übersichtsplan der Alliierten zu den Todesmärschen ausgehend vom KZ Flossenbürg im April 1945. © Arolsen Archives

Viele dieser Pläne lagern heute in den Arolsen Archives. Daneben weitere Unterlagen, die noch aus der NS-Zeit stammen: Lagepläne und Grundrisse von Konzentrationslagern, aber auch Friedhofspläne aus deutschen Kommunen aus der Zeit nach 1945. Insgesamt sind es mehr als 7.500 originale Dokumente. Die oft überformatigen Zeichnungen im Archiv des UNESCO-Weltdokumentenerbes befanden sich schon lange in einem schlechten Zustand. Als wichtige Arbeitsmaterialien für die aktive Suche des ITS waren sie stellenweise eingerissen, geknickt oder anderweitig, z.B. durch unsachgemäße frühere Erhaltungsmaßnahmen, geschädigt. Hängend gelagerte Karten fielen langsam in sich zusammen.

Da das Papier aufgrund des hohen Säuregehalts zusätzlich zu zerfallen drohte, wurde ein besonders gefährdeter Teil des Konvoluts in einem KEK-Modellprojekt 2017 entsäuert und restauriert. Ein aufwändiger Prozess, für den vorab Rahmungen, Laminierungen und Klebungen entfernt werden mussten. Nach erfolgreicher Entsäuerung der ausgewählten 156 Pläne werden die Dokumente heute in speziell gefertigten Planschränken gelagert und sind so auch zukünftig für Forschungsvorhaben und Suchanfragen erhalten.