Zahlen und Fakten

Ort
Barth, Deutschland
Jahr
2015
Förderlinie
Materialität
Überlieferungssegment
Fördersumme
32.543,50 Euro
Eigenmittel
500,00 Euro
Drittmittel
7.000,00 Euro
Gesamtmittel
40.043,50 Euro
Drittmittelgeber*in
Bände (Bibliothek)
100

Die europäische Schriftkultur fiel nicht vom Himmel, wurde aber von himmlischem Beistand geleitet. Klöster und Stifte waren die mittelalterlichen Horte des Weltwissens. Ihre Bibliotheken vereinten Bände aller wissenschaftlichen Disziplinen. Noch heute schlummern in Kirchen und Gemeindehäusern kostbare Buchbestände, die – für Öffentlichkeit und Forschung unsichtbar – fernab konservatorischer Fürsorge verfallen.

Auch die Pfarrbibliothek im vorpommerschen Barth war einst für Jahrhunderte im Dornröschenschlaf versunken. In der Marienkirche wurde sie vom Reizklima der Ostsee erheblich geschädigt. Doch die schimmelnden Barther Bücher hatten Glück, dass sich ein Verein fand, der die Sammlung aufweckte. Ihr Herzstück bildet die Sammlung des norddeutschen Reformators Johannes Block (1470/1480–1544). Mit beispielsweise frühen Lutherpublikationen, Schriften Philipp Melanchthons und Drucken Matthäus Merians gewährt sie einmalige Einblicke in die europäische Kirchen- und Kulturgeschichte.

Inkunabeln
Die Inkunabeln in der Kirchenbibliothek St. Marien Barth waren unterschiedlich stark beschädigt.

Der 2009 gegründete Förderverein Kirchenbibliothek St. Marien Barth wirbelte mächtig Staub auf in den Regalen der 1398 erstmalig erwähnten Biblioteca Bardensis. Unterstützt vom fachlichen Beirat und mit großem Einsatz der Vereinsmitglieder und der Evangelischen Kirchengemeinde St. Marien, die fleißig um Spenden warben und Stiftungen gewinnen konnten, glückte die Rettung von insgesamt 4.000 Bänden vor der Zerstörung durch Schimmel und Feuchtigkeit. Zudem wurde der historische Bibliotheksraum gemäß neuesten Standards saniert.

Die Reinigung und fachgerechte Unterbringung waren große, doch lediglich erste Schritte zur dauerhaften Bewahrung der Kostbarkeiten. Die KEK unterstützte deshalb 2015 die Restaurierung von mittelalterlichen Handschriften sowie Inkunabeln. Diese auch Wiegendrucke genannten Werke stammen aus der Frühzeit des Buchdrucks, als der Letterndruck noch in der "Kinderwiege" lag. Ihre Überlieferung ist selten; der Schutz ihrer originalen Substanz hatte daher oberste Priorität. Nachdem Schäden an Buchblöcken und -einbänden behoben und einzelne Blätter restauriert wurden, sind die schutzverpackten Inkunabeln nun im klimatisierten Bibliotheksraum gesichert. Noch gibt es einiges zu tun, um alle Bände dauerhaft zu konservieren. Der Förderverein arbeitet deshalb unermüdlich weiter.

Die nahezu märchenhafte Rettung der Biblioteca Bardensis ist ein Leuchtturm der Bestandserhaltung. Seine Leuchtfeuer werfen auch Strahlen auf die noch im Schatten liegenden Bestände vieler kleiner Kirchengemeinden Deutschlands. Allein 40 von ihnen zählt Mecklenburg-Vorpommern. Um deren verborgene Schätze zu heben, bauen die Nordkirche und die Universitätsbibliothek Rostock seit 2016 in einem gemeinsamen Projekt ein landesweites Netzwerk der Kirchenbibliotheken auf. Unterstützt werden sie dabei von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Zur Wahrung dieses Schrifterbes bedarf es eben neben himmlischen auch irdischen Beistand.