Vergessene Kostbarkeiten, die herausfordern

Im Jahr 2015 werden die "Bundesweiten Handlungsempfehlungen" als umfassende Schadens- und Gefährdungsbilanz der Bestände in Archiven und Bibliotheken in öffentlicher Trägerschaft veröffentlicht. Diese Erhebung verdeutlicht einen Aspekt: Die Kommunalarchive sind der zahlenmäßig am stärksten vertretene
Einrichtungstyp. In dieser Gruppe ist nicht nur die vielteilige, regionale Streuung der schriftlichen Überlieferung gespiegelt. Vielerorts verfügen Archive in kommunaler Trägerschaft über einen Reichtum an überlieferten Quellen, den es als vergessene Kostbarkeiten ans Licht zu holen gilt.

Im Stadtarchiv Nürnberg sind zwei Urkunden aus dem 14. Jh. überliefert, die vor allem aus Formgründen als Schätze gelten: zwei Schriftrollen bzw. Rotuli aus aneinandergenähten Papierblättern. Diese Papier-Rotuli aus den Jahren 1389 und 1409 sind besonders selten, denn während im Altertum Schriftrollen aus Papyrus oder Pergament weit verbreitet waren, setzte sich über die Jahrhunderte hinweg zunehmend die Kodexform, also die Buchform, durch. Besonders Schriftrollen aus dem Trägermaterial Papier lassen sich schwer finden. Aus der Zeit des Mittelalters sind sie nur sehr vereinzelt in den Bereichen des Rechtswesens und der Wirtschaftsführung überliefert.

Aus dem Fachgebiet Recht stammen auch die Nürnberger Rotuli, die Niederschriften über den Verlauf von zwei Gerichtsprozessen enthalten. Die Schriftrollen bestehen aus vielen einzelnen, mit Heftfaden aneinandergenähten Papierblättern. Der hier abgebildete Rotulus misst über 6 Meter Länge, der zweite rund 3 Meter. Beide Rollen zeigten deutliche alters- und benutzungsbedingte Schädigungen: brüchiges und stark verschmutztes Papier, teilweise stark eingerissene Ränder. Die aufgedrückten Siegel waren nur noch fragmentarisch erhalten. Als herausragende Einzelobjekte wurden die Schriftrollen gemäß dem Jahresmotto "Vergessene Kostbarkeiten" 2015 modellhaft restauriert.