Zahlen und Fakten

Bundesland
Ort
Potsdam, Deutschland
Jahr
2015
Förderlinie
Träger
Gattung
Materialität
Überlieferungssegment
Fördersumme
10.496,00 Euro

Die Wissenschaftler·innen des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam waren elektrisiert, als der Umzugskarton aus dem englischen Örtchen Mayfield eintraf. Sie wussten bereits, was sich darin verbarg: ein bis dato völlig unbekannter Teilnachlass von Gabriele Tergit (1894–1982), der über 70 Jahre auf einem Dachboden in Mittelengland geschlummert hatte. Als sie den Karton öffneten, lagen vor ihnen 4.500 vergessene persönliche Andenken, Zeitungsartikel und Korrespondenzen der jüdischen Schriftstellerin, deren Arbeiten heute weitgehend vergessen sind.

gebündelte Briefe
Der Nachlass Tergits zeichnet sich durch seine große Objektvielfalt aus. © Karin Bürger

In der Weimarer Republik genoss sie allerdings große Aufmerksamkeit und zählte vor allem in Berlin zu den echten Berühmtheiten: Tergit, die mit bürgerlichem Namen Elise Reifenberg hieß, feierte mit ihrem satirischen Debütroman "Käsebier erobert den Kurfürstendamm" beachtliche Erfolge. Zuvor hatte sie sich mit sozialkritischen Beiträgen bei verschiedenen Berliner Blättern einen Namen gemacht. Nicht zuletzt wegen ihrer Gerichtsreportage über den ersten Prozess gegen Adolf Hitler am Moabiter Kriminalgericht stand sie auf der Feindesliste der Nationalsozialisten. Nachdem sie einem SA-Überfall 1933 in ihrer Wohnung nur knapp entgangen war, führte Tergits Flucht über die Tschechoslowakei und Palästina nach London, wo sie als Sekretärin des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autor·innen im Ausland arbeitete. Ihre Aufzeichnungen aus dieser Zeit waren durch die lange Lagerzeit und feste Bündelung stark verschmutzt, verklebt und abgerieben. Mehrfache Faltungen und Verschnürungen führten zu zahlreichen Rissen im fragil gewordenen Papier. Es bedurfte daher umfangreicher Maßnahmen, um den Nachlass wieder nutzbar zu machen. 

In einem KEK-Modellprojekt 2015 wurden die Einzelblätter gesichert und restauriert: Nach dem Lösen der Verklebungen und der Trockenreinigung mit Pinseln und Radierern wurden Risse geschlossen, verbräunte Zeitungsseiten schonend im Wasserbad behandelt sowie Knicke geglättet. In säurefreien, basisch gepufferten Archivumschlägen und -kartons sind die Objekte jetzt optimal konserviert.