Das Böhmische Bautzen

Während man gemeinhin das Mittelalter als "Urkundenzeitalter" und die Neuzeit als "Aktenzeitalter" charakterisiert, kann die Frühneuzeit als Übergangsperiode gelten. Insbesondere in den Städten hielt man lange an der Amtsbuchführung fest oder ordnete Schriftgut lose in speziell angefertigten Schränken. Überdies haben sich Akten aus dieser Zeit auch wegen zahlreicher Brandkatastrophen in den Städten nur selten erhalten; in Bautzen erwies sich die Feuersbrunst vom 2. Mai 1634 als besonders verheerend. Glücklicherweise konnte auch bei diesem Brand ein Großteil der Urkunden und Amtsbücher, aber auch ein Teil der Sachakten, gerettet werden.

Infolgedessen verwahrt das Stadtarchiv Bautzen unter seinen Ratsakten immerhin 250 Bände bzw. Faszikel aus der Zeit vor diesem fatalen Stadtbrand, der zugleich mit einer bedeutenden politischen Zäsur zusammenfiel: Durch den im Folgejahr ausgehandelten Prager Frieden gelangte Bautzen mit der Oberlausitz als jahrhundertealtes Nebenland der Böhmischen Krone endgültig an Kursachsen.

Von diesen vor 1635 angelegten Akten sind 60 Archivalien mit Schriftgut ab dem 15., 16. und frühen 17. Jahrhundert besonders stark beschädigt und stehen der Benutzung deswegen nicht zur Verfügung. Dieser Missstand wiegt insofern besonders schwer, weil diese frühe Aktenüberlieferung ungemein detaillierte Einblicke in ganz konkrete städtische Lebenswelten, Ereignisse und Verwaltungsprozesse bietet. Besonders gut abgebildet werden hierbei die Reformation und der Dreißigjährige Krieg als Epochen und das Kirchen-, Stiftungs- und Kriegswesen sowie die Stadt- und Landesverfassung ebenso wie Wirtschaft und Handel. Das Projekt zu deren Trockenreinigung, Konservierung und Restaurierung kann entsprechend als Blaupause für ähnliche Vorhaben zur Erhaltung und Zugänglichmachung dieser zum damaligen Zeitpunkt noch seltenen Quellengattung fungieren.