Akten von Schimmel befreit und neu verpackt

2023 endete die Tätigkeit eines mehr als 140 Jahre in Leipzig bestehenden Unternehmens – der Firma Osterloh-Modelle. Gegründet 1880, entwickelten, produzierten und vertrieben Paul Osterloh und später sein Sohn Alfred mit über 30 Mitarbeitenden zoologische, botanische und humananatomische Lehrmodelle für Schulen und Universitäten auf der ganzen Welt. Osterloh-Modelle gehörte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den wichtigsten Herstellern biologischer Modelle in Europa. In der DDR wurden alle schulbotanischen Modelle aus Leipzig geliefert und in großem Umfang in den nichtsozialistischen Wirtschaftsraum exportiert. Von Alfred Osterlohs Neffen wurde das Unternehmen noch im wiedervereinigten Deutschland weitergeführt – in einem Firmengebäude mit mehr als 100-jähriger Geschichte, umgeben von Archivalien und Modellen, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen.

Mit dieser Kombination aus einer breiten archivalischen Überlieferung zur Unternehmensgeschichte und der Dokumentation des Modellbauprozesses von der Entwicklung der Modellidee bis zur seriellen Produktion anhand historischer Objekte ergibt sich eine für den mitteleuropäischen Raum einmalige Quellensituation. Sie deckt den gesamten Zeitraum vom Kaiserreich bis in die heutige Bundesrepublik ab und erlaubt einen umfassenden Zugriff auf den einst pädagogisch und ökonomisch sehr bedeutsamen Lehrmittelhandel. Sie gibt zudem Einblick in schul- wie hochschulpädagogischen Bedarfe sowie fachspezifische und fachübergreifende Didaktiken als auch in eine weltweite Vermarktungsstrategie während fünf verschiedener politischer Systeme.

Etwa die Hälfte der schriftlichen Überlieferung war bei der Übernahme stark verschmutzt und durch Nässeeinwirkung teilweise von Schimmelsporen befallen. Um sie der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung stellen zu können, müssen diese Unterlagen vor der weiteren archivischen Erschließung trockengereinigt, konservatorisch behandelt und fachgerecht verpackt werden.