Kulturgut schützen: 6 Positionen zum Originalerhalt

Gerade in unsicheren Zeiten sind Kultureinrichtungen auf verlässliche Förderung angewiesen. Ohne finanzielle Unterstützung droht Kulturgut verloren zu gehen, weil dringend nötige Schutzmaßnahmen nicht durchgeführt werden können. Unsere Kampagne rückt darum die Bedeutung von Originalquellen in den Fokus. Zu den Unterstützer·innen der Kampagne zählen prominente Stimmen aus Öffentlichkeit, Politik und Kultur.

1 Originale erhalten – Zukunft bewahren

Restaurator Uwe Löscher in seiner Werkstatt.
Gedächtnisinstitutionen wie Archive und Bibliotheken haben die Aufgabe, schriftliches Kulturgut dauerhaft zu erhalten. Häufig fehlen jedoch die finanziellen Mittel oder das Know-how, um vom Zerfall bedrohte Bestände zu bearbeiten und Schriftgut bestmöglich vor Außeneinwirkungen zu schützen. Das Ausmaß der gefährdeten Originale erfordert gemeinschaftliches Handeln aller Verantwortungsebenen. Finanziert durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und die Ländergemeinschaft über die Kulturstiftung der Länder fördert die KEK gezielt Maßnahmen zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts in Deutschland. Seit 2010 haben Förderinnen und Einrichtungen gemeinsam bundesweit über 47,2 Mio. Euro investiert.
Originalerhalt ist eine Daueraufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung, die verlässliche Förderstrukturen braucht
Portrait Marion Ackermann
"Bücher, Urkunden und Akten sind mehr als nur Zeugen der Vergangenheit. Sie bilden zentrale Fundamente unseres kulturellen Gedächtnisses. Doch viele Dokumente aus Papier sind akut gefährdet. Wir brauchen den koordinierten Originalerhalt, um diese Schätze gemeinsam für kommende Generationen zu bewahren."
Prof. Dr. Marion Ackermann
Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Portrait Marc Holly
"Archive, Bibliotheken und Museen bewahren einzigartiges schriftliches Kulturgut. Die KEK unterstützt sie dabei nicht nur finanziell, sondern stärkt zugleich das Bewusstsein für den Originalerhalt. Der persönliche Austausch mit den Einrichtungen zeigt, wie wichtig die KEK als Partnerin ist. Nur mit der Unterstützung von Bund und Ländern kann sie diese Rolle auch in Zukunft wahrnehmen."
Marc Holly
Beratungsstelle Bestandserhaltung Sachsen-Anhalt

2 Kulturgut schützen – Resilienz stärken

Reinigung im Kölner Notfallcontainer.
Die Zunahme natürlicher Bedrohungen und eine veränderte sicherheitspolitische Lage wirken sich auch auf den Kultursektor aus. Darum muss die Notfallvorsorge in Gedächtniseinrichtungen gestärkt und eine bundesweite Versorgung mit Notfallmaterial sichergestellt werden. Die KEK agiert seit 2010 als Multiplikatorin im Bereich Kulturgutschutz. Zentral ist die Förderung präventiver Maßnahmen, etwa die Erstellung von Risikoanalysen oder die Beschaffung mobiler Notfallcontainer. Die KEK ordnet sich mit dem All-Gefahren-Ansatz in die Deutsche Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen ein. Außerdem unterstützt die KEK akteursübergreifende Initiativen, etwa durch die Entwicklung einer interaktiven Karte der Notfallverbünde in Deutschland.
Notfallvorsorge im Kulturbereich muss strukturell gestärkt und ausgebaut werden
Portrait Timon Gremmels
"Klimakrise, Kriege und knappe Kassen sind große Herausforderungen für den Erhalt des kulturellen Erbes. Wir brauchen übergreifende Strategien, eine klare Prioritätensetzung, ausreichend Geld sowie zentrale Kompetenz- und Förderstellen wie die KEK. Archive, Museen und Bibliotheken bewahren unsere gemeinsame Erinnerung, halten sie lebendig und bezeugen unsere Identität und unsere Geschichte. Sie sind die Voraussetzung für eine vielfältige, offene, demokratische Gesellschaft. Wenn wir Kulturerbe resilient machen, dann machen wir auch unsere Demokratie resilient."
Timon Gremmels
Hessischer Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur
Portrait Lara Pape
"Notfälle treten schneller ein als gedacht. Doch gerade kleinen Einrichtungen fehlt es oft an Ressourcen, um sich auf den Ernstfall vorzubereiten. In Schleswig-Holstein etablieren wir jetzt flächendeckend Notfallverbünde, um Kulturgut zu schützen. Möglich ist das auch dank Förderung durch die KEK."
Lara Pape
Landesfachberatungsstelle für Bestandserhaltung Schleswig-Holstein

3 Quellen sichern – Informationsfreiheit schützen

Entschädigungsakten
Archive, Bibliotheken und verwandte Kultureinrichtungen erfüllen einen gesetzlichen Auftrag, indem sie Schriftquellen bewahren, erschließen und zugänglich machen. Der freie Zugang zu Wissensressourcen ist fundamental für eine offene, plurale Gesellschaft. Originale dienen als authentische Belege, deren Integrität im Bereich der Rechtsprechung von großer Bedeutung ist. Zugleich bilden sie die Grundlage für materialitätsbezogene Fragestellungen, wie der Fall der gefälschten Hitlertagebücher zeigte: Die Entlarvung mit papiertechnischen Untersuchungen wäre anhand von Digitalisaten nicht gelungen. Gerade in Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung und "Fake News" gilt es, die Säulen der Informationsfreiheit zu schützen. Originale sind eine wichtige Basis quellenbasierter Diskurse – und als solche unersetzbar.
Nur mit nachhaltiger Förderung bleiben einzigartige historische Quellen erhalten
Portrait Susanne Daubner
"In Zeiten von Desinformation sind authentische Quellen wichtige Bezugspunkte der demokratischen Gesellschaft. Dank der KEK werden historische Dokumente bewahrt und für alle Bürger·innen zugänglich gemacht. Sie schafft damit die Voraussetzung für faktenbasierte Arbeit und Debatten."
Susanne Daubner
Moderatorin tagesschau
Portrait Jochen Lehnhardt
"Die Entschädigungsakten in unserem Archiv dokumentieren Schicksale verfolgter und entrechteter Menschen. Für die Geschichtsforschung sind sie von unschätzbarem Wert – gerade weil es immer weniger Zeitzeug·innen gibt. Authentische Quellen wie diese müssen für die Zukunft erhalten werden."
Dr. Jochen Lehnhardt
Hessisches Landesarchiv

4 Regionale Überlieferung sichern – Städte und Kommunen unterstützen

Kartenausschnitt
Schriftliches Kulturgut wird in Deutschland in vielfältiger Form überliefert. Neben Landesarchiven und -bibliotheken in größeren Städten gibt es eine Vielzahl an Kultureinrichtungen in kleineren Kommunen oder in Trägerschaft von Stiftungen oder Vereinen, die Schriftgut verwahren. Die KEK bietet Flexibilität in der Eigenbeteiligung, sodass allen Einrichtungen das Förderangebot offensteht. Außerdem unterstützt sie den Wissenstransfer durch praxisbezogene Veranstaltungen und Kooperationen mit Partner·innen vor Ort.
Der Bund muss als verlässlicher Partner für Kulturguterhalt in der Region erhalten bleiben
Portrait Daniela Schneckenburger
"Unser schriftliches Kulturgut ist ein Schatz. Es beherbergt unser kollektives Gedächtnis. Historische Quellen haben darum eine zentrale, identitätsstiftende Funktion. Mit der Förderung der Einrichtungen, die sie bewahren, unterstützt die KEK den Erhalt dieser einzigartigen Bestände im ländlichen Raum wie in den Städten."
Daniela Schneckenburger
Beigeordnete des Deutschen Städtetags, Leiterin des Dezernats Bildung, Integration, Kultur, Sport und Gleichstellung
Portrait Jochen Süss
"Unser Museum bewahrt Unterlagen, die nicht nur für das Land Thüringen, sondern auch international von großer Bedeutung sind. Schätze wie diese sind Teil unseres gemeinsamen kulturellen Erbes. Mit den Förderprogrammen von Bund und Ländern, federführend betreut durch die KEK, konnten wir ihren Verlust verhindern. Eine unschätzbare Hilfe für ein kleines Museum im ländlichen Raum und für alle Forschenden."
Prof. a. D. Dr. Jochen Süss
BREHMS WELT – Tiere und Menschen, Renthendorf

5 Schriftgut retten – Forschung ermöglichen

Hegel-Handschrift
Alle Bestandteile eines Originals erweitern unser Verständnis von historischen und kulturellen Zusammenhängen. In teils jahrhundertealten Schriften fördern Forscher·innen immer wieder neues Wissen zutage. So werden etwa Texte in Manuskripten mithilfe bildgebender Verfahren wieder sichtbar gemacht, die zuvor abgeschabt und überschrieben wurden. In den Materialwissenschaften und vielen weiteren Disziplinen können Digitalisate das Original nie vollständig ersetzen – gerade, weil sich die technologischen Werkzeuge rasant weiterentwickeln. Originale müssen darum langfristig als einzigartige Informationsträger und Forschungsgrundlage gesichert werden.
Originalerhalt muss als Grundlage für Wissenschaft und Forschung gestärkt werden
Portrait Isabel Pfeiffer-Poensgen
"Für Wissenschaft und Forschung halten Schriftquellen eine Fülle an Erkenntnissen bereit. Sie tragen dadurch maßgeblich zum Verständnis von Kultur und Geschichte bei. Welche Fragen künftig an sie gestellt werden, lässt sich nicht vorhersagen. Darum müssen wir sie für die Zukunft bewahren."
Isabel Pfeiffer-Poensgen
Vorstandsvorsitzende der Carl Friedrich von Siemens Stiftung
Portrait Klaus Vieweg
"Schriftliches Kulturgut ist ein unerschöpflicher Wissensspeicher. Das zeigt etwa die Entdeckung unbekannter Hegel-Mitschriften in der Diözesanbibliothek München im Jahr 2022. Einzigartige Quellen wie diese müssen für künftige Forschungen im Original erhalten bleiben."
Prof. Dr. Klaus Vieweg
Professor der Philosophie

6 Fachwissen stärken – Perspektiven eröffnen

Restaurierungswerkzeug
Die Restaurierung und Konservierung von schriftlichem Kulturgut erfordert teils hochspezialisiertes Fachpersonal. Über die Förderung von KEK-Modellprojekten wird das Wissen im Bereich Bestandserhaltung in den Einrichtungen gezielt aufgebaut und ständig weiterentwickelt. Fachliche Informationsangebote der KEK bündeln dieses Spezialwissen und stellen es kostenfrei im KEK-Portal zur Verfügung. Mit ihren Partner·innen unterstützt die KEK anwendungsbezogene Formate zur Stärkung der Fachkompetenz, beispielsweise durch die Initiierung einer Winter School in Kooperation mit der Klassik Stiftung Weimar.
Die Arbeit der KEK sichert Spezialwissen im Handwerk und eröffnet Zukunftsperspektiven für junge Menschen
Portrait Mario Glauert
"Der Originalerhalt in Archiven und Bibliotheken gelingt nur dank spezialisierter Fachkräfte. Die Förderung der KEK bildet hierfür eine elementare Grundlage. So werden nicht nur Originale gesichert, sondern auch traditionelles Handwerk und zukunftsfähige Arbeitsplätze im Mittelstand erhalten."
Prof. Dr. Mario Glauert
Direktor Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Portrait Renate Mesmer
"Die Sicherung von Akten und Büchern baut auf der Expertise von Fachkräften auf. In ihren Werkstätten restaurieren und konservieren sie jeden Tag bedrohtes Kulturgut. Fördermittel spielen dabei eine entscheidende Rolle, sowohl für den beruflichen Nachwuchs als auch die Entwicklung innovativer Methoden."
Renate Mesmer
Präsidentin Internationale Arbeitsgemeinschaft der Archiv-, Bibliotheks- und Graphikrestauratoren (IADA)
Einband mit Makulatur

Ausblick

Die KEK hat seit ihrer Gründung maßgeblich dazu beigetragen, Kulturgut zu sichern und Strukturen für den Originalerhalt auszubauen. Die zahlreichen Förderprojekte und Initiativen bestätigen den Erfolg des gemeinsamen Bund-Länder-Vorhabens: Originalquellen wurden bewahrt, die Resilienz im Kultursektor gestärkt, Informationsfreiheit geschützt, regionale Überlieferung gesichert, Forschung ermöglicht und Fachwissen aufgebaut.

Doch multiple Krisen setzen Gedächtniseinrichtungen unter Druck: Extremwetterereignisse gefährden Kulturgut in seiner Substanz. Die veränderte sicherheitspolitische Lage stellt den Kulturgutschutz vor neue Herausforderungen. Belastete Haushalte führen dazu, dass dringend nötige Schutzmaßnahmen nicht durchgeführt werden können. Einrichtungen, mittelständische Unternehmen und Fachkräfte sind auf Planungssicherheit bei Projekten angewiesen. Zugleich dürfen bewährte Strukturen wie Landesförderprogramme und regionale Kompetenzstellen nicht verloren gehen.

Originalerhalt bleibt eine Daueraufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung. Nur mit einem fortgesetzten Engagement von Bund und Ländern kann die langfristige Bewahrung unserer kulturellen Überlieferung gelingen. Eine verlässliche Finanzierung der KEK ist daher mehr als ein Signal an Einrichtungen und Öffentlichkeit. Sie ist Ausdruck unserer Verantwortung gegenüber kommenden Generationen – und eine unerlässliche Investition in unsere Zukunft.

Bildnachweis:

Kapitel 1: Jörg F. Müller (oben); Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Oliver Killig (mitte); S. Volmer/Gleimhaus (unten)
Kapitel 2: Historisches Archiv mit Rheinischem Bildarchiv (oben); Salome Roessler (mitte); Landesarchiv Schleswig-Holstein (unten)
Kapitel 3: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Foto: Frederic Fox (oben); NDR/ARD/Janis Röhlig (mitte); Hessisches Landesarchiv, Foto: Frederic Fox (unten)
Kapitel 4: Landesarchiv Greifswald, Rep. 6a Nr. A II 1 (oben): Deutscher Städtetag (mitte); Brehms Welt, Foto: Marco Rank (unten)
Kapitel 5: Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising (oben); Bettina Engel-Albustin (mitte); privat (unten)
Kapitel 6: Jörg F. Müller (oben); Brandenburgisches Landeshauptarchiv (mitte); privat (unten)
Ausblick: Jörg F. Müller