Sie hatten Konzentrationslager überlebt, jahrelang in Verstecken ausgeharrt oder waren von deutschen Besatzern geraubt und zur "Eindeutschung" in sogenannten Germanisierungsprogrammen untergebracht worden: Auch vor Kindern machte die NS-Verfolgung keinen Halt. Suzanne Alharal ist eines von zehntausenden
Kindern, die nach dem Zweiten Weltkrieg vermisst wurden. Ihre Eltern suchten mit Unterstützung des Kindersuchdienstes nach ihrer Tochter. Aus der Akte des Suchdienstes geht hervor, dass die Eltern schließlich die traurige Gewissheit erlangten: Das jüdische Mädchen wurde von Lyon ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Korrespondenzen und Suchanfragen im Original

Unter der Federführung der International Refugee Organization (IRO) nahm der Kindersuchdienst ab 1947 seine Arbeit auf. Er recherchierte Verfolgungsgeschichten, leistete Betreuungsarbeit und unterstützte Familienzusammenführungen. Wann und auf welchem Weg wurden Kinder von ihren Eltern getrennt? Konnte man sie über Informationen von Angehörigen wieder miteinander vereinen? Über Fragen wie diese tauschten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Suchdienstes regelmäßig aus und hielten sich in überlieferten Korrespondenzen auch mit ausländischen Kindersuchdiensten gegenseitig auf dem aktuellen Stand der Ermittlungen. Diese Originalkorrespondenzen, Suchanfragen und Lageberichte aus der Zeit zwischen 1947 und 1950 finden sich heute in den "Akten von namentlich identifizierten Kindern" in den Arolsen Archives. Informationen zu Schicksalen von rund 100.000 Kindern sind darin enthalten.

Insgesamt 428.000 Dokumente enthält der Bestand, der durch die lange und intensive Nutzung des Suchdienstes schwere Schäden erlitten hatte. Im BKM-Sonderprogramm 2017 konnten sie komplett entsäuert und restauriert werden. Ein Prozess, dem eine aufwändige Vorarbeit vorausging: Die vielen unterschiedlichen
Papiersorten erschwerten die Entsäuerung. Fotos und Metallklammern durften nicht mit entsäuert werden, sondern mussten entfernt, abgelöste Fotos später wieder hinzugefügt werden. Gelagert wird der Bestand im hessischen Bad Arolsen nun in neuen, säurefreien Archivboxen.