Praxisnahe Fortbildungen zu Fragen des Originalerhalts kommen im Berufsalltag von Archiven und Bibliotheken oft zu kurz. Um dem entgegenzuwirken, ist die KEK 2023 eine Kooperation mit der Herzogin Anna Amalia Bibliothek (HAAB) eingegangen. Das neue Fortbildungsformat der Winter School gab drei Teilnehmer∙innen Gelegenheit, in der Lehrwerkstatt der HAAB in Weimar-Legefeld ihre Kenntnisse zu erweitern. Ziel der Winter School ist es, Mengenverfahren zur Bestandserhaltung – insbesondere mittels Nanocellulose – praxisnah und in einer Eins-zu-eins-Betreuung über fünf Tage hinweg zu vermitteln. Das Fortbildungsangebot richtete sich deshalb speziell an Personen, die bereits im Berufsleben stehen. Die KEK stellte im Rahmen der Kooperation Mittel für die Reisekosten bereit. Aufgrund des großen Interesses und der Zahl der Bewerbungen wird die Fortbildung 2024 erneut in gleicher Form angeboten.
Braucht es mehr Austausch und Fortbildung?
Eine dauerhafte Förderung dieses Formats ist jedoch nicht vorgesehen. Vielmehr nimmt die KEK die Winter School zum Anlass, über den Bedarf für Fortbildungsmöglichkeiten in den größeren Werkstätten öffentlicher Archive und Bibliotheken zu sprechen. Viele Einrichtungen sind in den Bereichen Konservierung und Restaurierung hoch spezialisiert, teilweise arbeiten sie einrichtungsübergreifend als Zentralwerkstätten. Täglich kommen sie mit ganz praktischen Fragen und Verfahren zur Erhaltung schriftlichen Kulturguts in Berührung und haben spezifisches Know-how ausgebildet. Wäre es da nicht hilfreich, für einen stärkeren Austausch zu sorgen? Und wenn ja, bieten sich hierfür gegenseitige Fortbildungen im Sinne der Winter School an?
Um diese und andere Fragen zu diskutieren, veranstaltete die KEK am 7. Mai 2024 ein Kolloquium am Werkstattstandort in Weimar-Legefeld, das auf positive Resonanz stieß und mit Teilnehmer∙innen aus 14 Werkstätten gut besucht war. Die HAAB stellte zunächst die Winter School vor und erläuterte, wie sie sich in das Portfolio der Werkstatt einfügt. Jürgen Weber, Leiter der Abteilung Bestände der HAAB, betonte in diesem Zusammenhang, dass die Werkstatt auch explizit als Lehrwerkstatt fungiere und bereits Ausbildungsort für Studierende sei. Die Teilnehmer∙innen des Kolloquiums hatten im Anschluss Gelegenheit, die Lehrwerkstatt zu besichtigen. Das dort arbeitende Team präsentierte die im Zuge der Bewältigung der Brandschäden von 2004 erworbenen Spezialkenntnisse bei der Mengenbehandlung, insbesondere beim Anfasern und dem Einsatz von Nanocellulose mittels einer eigens dafür entwickelten Anlage.
Im Dialog mit Theorie und Praxis
In der anschließenden Diskussion wurde über das Potenzial eines gemeinsamen Fortbildungsformats gesprochen. Die Idee, sich im Sinne des Wissenstransfers stärker fachlich zu vernetzen, fand großen Zuspruch. Teilweise gab es in der Vergangenheit bereits einzelne Initiativen und gegenseitige Werkstattbesuche. Zur konkreten Ausgestaltung wurden unterschiedliche Einschätzungen vorgebracht. Nicht alle Werkstätten hätten Kapazitäten für eine derart intensive und lange Betreuung wie bei der Winter School. Auch könne die Zielgruppe noch genauer gefasst werden. Klärungsbedarf sahen die Teilnehmer∙innen auch hinsichtlich der Finanzierung.
Eine erste wichtige Grundlage für den Aufbau eines bundesweiten Netzwerks sei die Bündelung von Informationen an einem Ort und ein regelmäßiger Termin für die Fortbildung. Als koordinierende Stelle bot sich aus Sicht der Teilnehmer∙innen die KEK an. Diese wird deshalb im Nachgang über eine Abfrage die Fortbildungsbedarfe sowie die jeweils in den Werkstätten vorhandenen Spezialkenntnisse und Voraussetzungen erheben. Denn oft ist es den Fachleuten nicht bewusst, welche Kompetenzen bei ihnen selbst oder bei anderen vorliegen und in welchen Bereichen es eventuell Nachholbedarf gibt. Auf Grundlage der Abfrage sollte im nächsten Schritt ein dezentrales und unter den Einrichtungen wechselndes Format entwickelt werden. Denn im Austausch lernt es sich besser.