Lehrreiche Einbände

Die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz konnten gemeinsam mit dem Cologne Institute of Conservation Sciences (CICS) der TH Köln in einem Kooperationsprojekt 24 Pergament- und neun Lederbände aus dem Nachlass des Naumburger Bischofs Julius Pflug (1499–1564) restaurieren. Neben den verschiedensten mechanischen Schäden nahm die Restaurierung auch die Identifizierung der Pigmente der farbigen Pergamenteinbände und die Reduzierung des in der Vergangenheit aufgetragenen überschüssigen Lederfetts der Einbände in den Blick.
Studierende hatten die Möglichkeit, den Sammlungsbestand der Pflugschen Bibliothek zu sichten und die Bücher in Schadenskategorien einzuteilen. Auf deren Grundlage konnte anschließend die Kalkulation für den notwendigen Restaurierungsaufwand erfolgen. Im Sommersemester 2020 wurden sechs Lederbände von Studierenden im Rahmen des Grundstudiums kodikologisch untersucht und anschließend restauriert. Die Schadensbilder waren sehr vielfältig. So gab es unter anderem mikrobiellen Befall im Buchblock und damit verbundene Fehlstellen, gelöste Heftungen, gerissene Bünde, Versprödung und Fehlstellen im Leder, Fraßschäden durch Insektenbefall der Holzdeckel, fehlende Kapitale und Schließen. Durch den Austausch mit Zeitz konnten die Studierenden Erfahrungen im Projektmanagement sammeln, ihre materialwissenschaftlichen Kenntnisse vertiefen und ihre manuellen Fähigkeiten in der Buchrestaurierung erweitern.
Einige der in der Sammlung vorhandenen Pergamenteinbände sind gefärbt worden. Darunter befinden sich grüne, gelbe, rote und schwarze Einbände. Da einige Pigmente giftig sein können –besonders bekannt ist das arsenhaltige "Schweinfurter Grün" – ergeben sich daraus möglicherweise spezielle Aufbewahrungsbedingungen. Aus diesem Grund wurde am CICS mithilfe der Röntgenfluoreszenzanalyse und der Ramanspektroskopie eine Pigmentidentifizierung durchgeführt. Glücklicherweise konnte als Ergebnis festgehalten werden, dass die grünen Pigmente kein Arsen enthalten und das untersuchte Buch nach der Restaurierung ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen wieder in die Bibliothek integriert werden kann. Als Pigment des roten Einbands wurde Mennige festgestellt, die Blei enthält und damit potenziell gesundheitsschädlich ist. Bei der Restaurierung des Buches wurde jedoch festgestellt, dass das Pigment sehr gut in das Bindemittel eingebettet ist und neben den bereits genutzten Schutzmaßnahmen keine zusätzlichen Vorkehrungen nötig sind.
Ein bekanntes Problem in der Lederrestaurierung ist die Überfettung des Ledereinbands. Dies entsteht durch einen übermäßigen Einsatz von Lederfett bei der Pflege von Büchern, wie oft in der Vergangenheit durch Unwissenheit geschehen. Schäden wie Farbveränderungen, Versprödungen und Verhärtungen, Verlust des Ledernarbens und eine klebrige Oberfläche können die Folge sein. Das Fett im Leder zu reduzieren, erfordert eine aufwendige Restaurierung. Für die Entfettung wurde ein Vlies mit einem Lösemittelgemisch aus Siedegrenzbenzin und Ethanol getränkt und auf das Leder gelegt. Nach dem Einziehen wurde mit einem Papiertuch überschüssiges Lösemittel und Fettgemisch abgetupft. Der Vorgang wurde so lange wiederholt, bis eine spürbare Reduzierung der Klebrigkeit erzielt worden ist.
Die hier vorgestellten Restaurierungsarbeiten betten sich in eine groß angelegte Restaurierungs- und Konservierungskampagne ein und ermöglichen eine professionelle Zugänglichkeit. Die Sammlung Pflug ist eine abgeschlossene Einheit innerhalb des Bibliotheksbestands und steht der Forschung nun im vollen Umfang wieder zur Verfügung.
Kooperationsprojekt zwischen den Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz. Gefördert 2019-2020 durch die Koordinierungsstelle zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK). Der Mittelgeberin und den weiterten Projektteilnehmer∙innen der Vereinigten Domstifter Dr. Holger Kunde, Matthias Ludwig, Jochen Säckl, Cordula Strehl, Rainer Trübe sei herzlichst gedankt. Dr. Stephanie Dietz, Dr. Doris Oltrogge und Bert Jacek begleiteten das Projekt von Seiten der TH Köln.
Teaserbild © TH Köln