"Es ist essenziell, für den Ernstfall gerüstet zu sein"

Die Kultureinrichtungen der Stadt Zwickau bewahren vielseitige und wertvolle Bestände, welche teilweise bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen. Um das Kulturgut besser zu schützen, hat sich 2024 ein Notfallverbund in der Stadt gegründet. So wird die gegenseitige Hilfe im Ernstfall erleichtert. Zur Gründung des Verbunds und der Ausstattung mit technischer Grundausrüstung berichtet Dr. Bianca Dommes, Amtsleiterin des Kulturamts der Stadtverwaltung Zwickau.
Dr. Bianca Dommes: In Zwickau haben sich mehrere kulturelle Einrichtungen zu einem Notfallverbund für den Kulturgutschutz zusammengeschlossen. Beteiligt sind die Ratsschulbibliothek, die Stadtbibliothek, die Priesterhäuser, die Kunstsammlungen Max-Pechstein-Museum, das Robert-Schumann-Haus, das Stadtarchiv, das August-Horch-Museum sowie die Bibliothek der Westsächsischen Hochschule. Ziel des Verbundes ist es, im Ernstfall schnell und koordiniert zu handeln. Dazu gehören gegenseitige Unterstützung, der Austausch von Fachwissen sowie die Bereitstellung spezieller Ausrüstung zur sachgerechten Bergung und Erhaltung wertvoller Kulturgüter. In den Zwickauer Bibliotheken, Archiven und Museen lagern unzählige einmalige Schätze von unschätzbarem Wert. Der Notfallverbund stellt sicher, dass diese Kulturgüter im Katastrophenfall bestmöglich geschützt und bewahrt werden.
Der Notfallverbund arbeitet eng mit der Feuerwehr Zwickau zusammen, um im Ernstfall eine schnelle und koordinierte Bergung von Kulturgütern zu gewährleisten. Zudem besteht unsererseits großes Interesse daran, den Katastrophenschutz und das Kreisarchiv in den Verbund einzubeziehen, um die Schutzmaßnahmen weiter zu optimieren. Grundsätzlich können weitere kulturgutbewahrende Einrichtungen dem Verbund beitreten, sofern sie sich aktiv an der Notfallvorsorge beteiligen. Aufgrund der günstigen geografischen Lage Zwickaus zwischen dem Erzgebirge und dem sächsischen Vogtland sind alle beteiligten Einrichtungen schnell erreichbar. Dies ermöglicht eine effektive Zusammenarbeit und bietet ideale Voraussetzungen für eine Erweiterung des Netzwerks. Ein Ausbau des Verbundes würde nicht nur die Ressourcen und Expertise im Kulturgutschutz stärken, sondern auch die regionale Vernetzung verbessern, sodass im Notfall eine noch effizientere und professionellere Hilfe gewährleistet werden kann.
Die Notwendigkeit zur Notfallvorsorge ergibt sich aus verschiedenen Risiken, die für Zwickauer Kultureinrichtungen eine ernste Bedrohung darstellen. Brände, Wasserschäden, Einstürze und insbesondere Hochwasser gefährden unersetzliches Kulturgut. Die Zwickauer Mulde hat in den letzten Jahren mehrfach hohe Alarmstufen erreicht: 2011 überschritt sie am Pegel Zwickau die Alarmstufe 2, 2013 wurde in Cainsdorf Alarmstufe 3 gemessen, und auch 2023 erreichte sie erneut Alarmstufe 2. Solche Extremwetterereignisse treten immer häufiger auf und bringen erhebliche Gefahren für Museen, Archive und Bibliotheken mit sich. Neben Hochwasser stellen auch technische Defekte, Gebäudeschäden oder Brände erhebliche Risiken dar. Ohne eine gezielte Notfallvorsorge könnten wertvolle Bestände stark beschädigt oder unwiederbringlich verloren gehen. Daher ist es essenziell, präventive Maßnahmen zu ergreifen und für den Ernstfall gerüstet zu sein.
Unsere Entscheidung für dieses Modell basiert auf den Erfahrungen bestehender Notfallverbünde anderer Kommunen und Landkreise sowie einer eingehenden Analyse verschiedener Konzepte. Wir haben uns für den Kofferanhänger entschieden, da er eine optimale Lagerung und schnelle Einsatzbereitschaft der Rettungsausrüstung gewährleistet. Die benötigten Materialien sind in 8 Rollcontainern mit Abdeckung gebracht, die dauerhaft einsatzbereit im Anhänger verstaut bleiben. Dadurch ist die ordnungsgemäße Lagerung sichergestellt, während die robuste, aber leichte Bauweise eine einfache Handhabung ermöglicht. Die übersichtliche Anordnung in einem Schrankenregal erleichtert eine schnelle Entnahme und geordnete Rückführung der Ausrüstung. Das gesamte Konzept schützt die Materialien effektiv vor Feuchtigkeit und Verschmutzung, ist kompakt zusammenklappbar und schnell wieder montiert. Zudem bietet der Kofferanhänger eine hohe Mobilität, da er mit einem Pkw transportiert werden kann. Er kann flexibel für Logistik, Materialverwaltung oder als temporäre Zwischenlagerung von Kulturgütern während eines Notfalleinsatzes genutzt werden, was ihn besonders vielseitig macht.
Der Notfallverbund und das bereitgestellte Equipment ergänzen das bestehende Risikomanagement der beteiligten Einrichtungen und tragen zur Stärkung der Notfallvorsorge bei. Das gesamte Risikomanagement basiert auf einer umfassenden Risikoanalyse, präventiven Maßnahmen, individuellen Sicherheitskonzepten sowie den Notfallplänen der einzelnen Einrichtungen. Ein zentraler Bestandteil ist die enge Kommunikation zwischen den Partnern sowie regelmäßige gemeinsame Übungen, die mindestens einmal jährlich stattfinden. Obwohl die Risiken je nach Einrichtung variieren, gibt es zahlreiche Überschneidungen. Während bestehende Maßnahmen bereits Gefahren wie Klimaüberwachung, Schädlingsmanagement (IPM), Diebstahl und Vandalismus abdecken, fokussiert sich der Notfallverbund insbesondere auf Bedrohungen durch Überschwemmungen, Brände, Havarien und extreme Unwetterereignisse. Durch die Einbettung in ein übergreifendes Schutzkonzept wird die Widerstandsfähigkeit aller beteiligten Institutionen erheblich verbessert.
Teaserfoto © Kulturamt / Stadt Zwickau