Aus gutem Grund stellt die Planung der Licht- und Beleuchtungsverhältnisse einen wichtigen Aspekt der Museums- und Ausstellungskonzeption dar. Schließlich entscheidet sie darüber, ob ein Objekt angemessen zur Geltung gebracht wird, seine Farben lebendig wirken und der Betrachter ein angenehmes visuelles Erlebnis hat. Leider bringt die Beleuchtung aber auch negative Effekte mit sich: Durch elektromagnetische Strahlung können Farbstoffe und Pigmente irreversibel geschädigt werden. Für den Betrachter macht sich dies anhand einer Veränderung von Kontrast und Farben bemerkbar, die bis zum vollständigen Verblassen reichen kann. Die lichttechnische Gestaltung einer Ausstellung oder eines Museums erfordert daher stets eine kritische Abwägung der für eine gute Präsentation der Objekte wünschenswerten Beleuchtungssituation gegenüber deren Gefährdungspotential. Um letzteres einschätzen zu können, ist die Kenntnis der Zusammensetzung der Exponate und die Empfindlichkeit der enthaltenen Materialien gegenüber Licht erforderlich.

Diagramm Farbveränderung
Abbildung 1) Farbveränderung von drei Farben bei Bestrahlung mit Licht verschiedener Wellenlänge. Linke Seite der Farbfelder: Ausgangszustand, rechte Seite: nach Bestrahlung mit 1700 Wd/m². © HTWK Leipzig, Christian Weickhardt

Die verschiedenen Materialien, Farbstoffe und Pigmente weisen mitunter sehr unterschiedliches Schädigungsverhalten auf und müssen individuell hinsichtlich aller Einflussfaktoren wie der Wellenlängenabhängigkeit der Lichtschädigung untersucht werden. Exemplarisch ist dazu in Abbildung 1 die Veränderung von drei Farben bei Bestrahlung mit Licht verschiedener Wellenlängen wiedergegeben. Während Neapelgelb bei keiner Wellenlänge nennenswert in Mitleidenschaft gezogen wird und Farblack Reseda luteola nur bei blauem Licht signifikante Schädigung erfährt, ist bei Auripigment bei allen drei Lichtquellen eine Veränderung erkennbar, die sich mit abnehmender Wellenlänge verstärkt.

Auswahl an Leuchtmitteln stellt für Sammlungen Herausforderung dar

Für den Ausstellungsbereich stehen heute neben den gängigen Halogenlichtquellen unterschiedlichste Leuchtstoffröhren und LED-Leuchtmittel zur Verfügung, deren Emissionsspektren sich stark voneinander unterscheiden. Da aber die Schädigungswirkung einer Strahlung von ihrer Wellenlängenzusammensetzung abhängt, weisen diese Leuchtmittel sehr individuelle Schädigungspotentiale auf.

Umfangreiche Datenbank aufgebaut

Neben der Bestrahlungsstärke und ihrer spektralen Zusammensetzung kommen weitere Einflussfaktoren für den Verlauf der Lichtschädigung eines Farbstoffs in Frage. Der Luftsauerstoff kann einen erheblichen Einfluss ausüben, aber auch das beim Malen oder Schreiben verwendete Bindemittel und der Beschreibstoff kommen hier in Betracht. Daher wurde an der HTWK Leipzig eine umfangreiche Messreihe an Proben historischer Farbstoffe und Pigmente durchgeführt. Diese wurden mit unterschiedlichen, sowohl historischen als auch modernen, Bindemitteln auf einer Auswahl von Substraten in definierter Schichtdicke hergestellt. Ein Teil der Proben wurde dann der normalen Umgebungsluft ausgesetzt, während der andere in gasdichten Zylindern in einer sauerstofffreien Stickstoffatmosphäre gelagert und untersucht wurde. Abbildung 2 zeigt einen dieser Behälter unter einer LED-Bestrahlungseinrichtung.

LED Bestrahlungseinrichtung
Abbildung 2) Gasdichter Zylinder mit Proben in sauerstofffreier Atmosphäre unter einer LED-Bestrahlungseinrichtung. © HTWK Leipzig, Christian Weickhardt

Diese Proben wurden dann mit einer Reihe ausstellungstypischer Lichtquellen, aber auch mit einem Satz von 15 schmalbandigen LED-Lichtquellen bestrahlt, deren Wellenlängen gleichmäßig über das sichtbare Spektrum verteilt waren. In regelmäßigen Abständen wurden die optischen Veränderungen der Proben mittels eines Spektrometers zur Messung des spektralen Reflexionsgrads erfasst. Da die Bestrahlungsstärken in diesen Experimenten deutlich über denen von typischen Ausstellungsbedingungen lagen, konnten für viele Proben Lichtschädigungen bereits nach kurzer Zeit beobachtet werden. In Abbildung 3 ist die Farbveränderung einiger Farbstoffe nach Bestrahlung mit einer Weißlicht-LED sowohl als visueller Vergleich als auch als Veränderung im Reflexionsspektrum dargestellt.

Diagramm Reflexionsspektren
Abbildung 3) Veränderung der Reflexionsspektren verschiedener Farben bei Bestrahlung mit einer warmweißen LED. Durchgezogene Linien und linke Seite der Farbfelder: Ausgangs-zustand, gestrichelte Linien und rechte Seite: nach Bestrahlung mit 1000 Wd/m². © HTWK Leipzig, Christian Weickhardt

Mathematisches Werkzeug macht Vorhersagen möglich

Angesichts der Vielzahl der aktuell verfügbaren Leuchtmittel wird schnell klar, dass eine einigermaßen umfassende Untersuchung der Schädigungswirkung aller Lichtquellen einen unrealistisch hohen Aufwand bedeuten würde. Dagegen eröffnet die Kenntnis der wellenlängenabhängigen Schädigung der einzelnen Substanzen die Möglichkeit, mittels eines mathematischen Algorithmus das Schädigungspotential einer beliebigen Lichtquelle zu berechnen. Dazu werden die Schädigungswirkungen der einzelnen Wellenlängen, wie sie im vorliegenden Projekt ermittelt wurden, zur Gesamtschädigung der Lichtquelle überlagert. Als Eingangsgrößen werden dazu lediglich die spektrale Bestrahlungsstärke am Ort des Exponats sowie die Bestrahlungsdauer benötigt. Zusammen mit einer Datenbank der gemessenen Farbveränderungen wurde dieses Prognosewerkzeug in eine benutzerfreundliche Online-Anwendung integriert, die im Internet frei verfügbar ist und die Lichtplanung für Museen und Ausstellungen unterstützen kann.

Sauerstoff als Verbündeter des Lichts

Wie zu erwarten, zeigte sich beim Vergleich der unter Normalatmosphäre bestrahlten Proben mit denen in Stickstoff die wichtige Rolle des Sauerstoffs bei photochemischen Prozessen für viele Farbstoffe. Diese wurden in Abwesenheit des Luftsauerstoffs bei gleichen Bestrahlungsbedingungen weit langsamer geschädigt, wie zum Beispiel das in Abbildung 4 dargestellte Verhalten von Indigo zeigt. Allerdings wurde für einige Pigmente auch der gegenteilige Effekt beobachtet. Insbesondere eine Reihe metalloxidischer Verbindungen wie zum Beispiel Bremer Blau wurde in sauerstofffreier Atmosphäre stärker zerstört als in Luft (vgl. Abbildung 4). Daher stellt der hinsichtlich des technischen Aufwands moderate Austausch von Luft gegen nicht-oxidierende Gase kein Allheilmittel gegen das Problem der Lichtschädigung dar.

Diagramm Farbveränderung
Abbildung 4) Vergleich der Farbveränderung im CIELab-System bei Bestrahlung unter verschiedener Umgebungsatmosphäre mit einer 435 nm - LED. Durchgezogene Linien: Bestrahlung in Normalatmosphäre (Luft), gestrichelte Linien: Bestrahlung unter Stickstoffatmosphäre (N2). © HTWK Leipzig, Christian Weickhardt

Komplexer Einfluss von Bindemitteln und Beschreibstoffen

Aus den gewonnenen Daten geht klar hervor, dass auch das verwendete Bindemittel einen erheblichen Einfluss auf den Verlauf der strahlungsinduzierten Zerstörung von Farbstoffen und Pigmenten hat. Abbildung 5 zeigt, wie sich der Wechsel des Bindemittels positiv auf die Lichtstabilität des einen, hingegen negativ auf die eines anderen Farbstoffs auswirken kann.

Diagramm Farbveränderung
Abbildung 5) Vergleich der Farbveränderung im CIELab-System für verschiedene Bindemittel bei Bestrahlung mit einer warmweißen LED. Durchgezogene Linien: Bindemittel Gummi Arabicum, gestrichelte Linien: Bindemittel Eiweiß. © HTWK Leipzig, Christian Weickhardt

Die systematische Aufklärung dieses Zusammenhangs und des Zusammenspiels mit dem Beschreibstoff ist Gegenstand laufender Untersuchungen. Aber bereits jetzt wird deutlich, dass zur Einschätzung der Schädigungswirkung einer bestimmten Beleuchtungssituation immer das komplexe Zusammenspiel von Licht und beleuchteten Materialien zu betrachten ist und eine pauschale Aussage über das Gefährdungspotential eines Leuchtmittels in vielen Fällen zu falschen Schlussfolgerungen führen kann.