Auf Einladung der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) trafen am 15. März 2018 in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Fachleute des Aufgabengebiets Originalerhalt zum fünften Bundesweiten Expertengespräch zusammen. Neben Expertinnen und Experten der Sparten Archiv und Bibliothek aus allen Ländern sowie Bundeseinrichtungen waren auch Vertreterinnen und Vertreter von Fördererseite anwesend. Maria Bering, Leiterin der Gruppe K4 "Geschichte und Erinnerung" bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), sprach ein Grußwort.

Stefan Siebert und Felicitas Hundhausen
Stefan Siebert und Felicitas Hundhausen (von links). © Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Carola Seifert

Das spartenübergreifende Netzwerktreffen stand im Kulturerbejahr 2018 ganz unter dem Zeichen der Neuerung: Erstmals wurde das Expertengespräch im fertiggestellten Theodor Fontane-Saal im Haus Unter den Linden veranstaltet – und erstmals konnte sich die Runde über Erfahrungen des neu aufgelegten Sonderprogramms für Originalerhalt austauschen. BKM hat im Jahr 2017 Sondermittel in Höhe von 1 Million Euro zur Verfügung gestellt, die gezielt zur Förderung von Mengenverfahren eingesetzt werden sollte. Ein Großteil der Expertinnen und Experten war in die Umsetzung des Programms direkt involviert. Als erstes Ergebnis konnte eine positive Zwischenbilanz festgehalten werden: Alle 45 Projekte sind realisiert worden, womit eine 100%ige Erfolgsquote in die Auswertung eingehen kann. Nichtsdestotrotz bedarf das Sonderprogramm weiterer Optimierung: Einige Entwicklungsfelder auf Verfahrens- und Fachebenen wurden diskutiert.

Aktuelle Entwicklungen in den Ländern

Mehrere Statements aus den Ländern und den Bundeseinrichtungen gaben zusätzlich Einblick in die aktuellen Bewegungen im Bereich des koordinierten Originalerhalts: Dabei zeigte sich deutlich, dass die neu verfügbaren BKM-Sondermittel in vielen Ländern für Dynamik sorgten. Die Länder Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz haben Gelder neu eingestellt, um über die geforderte Kofinanzierung von mindestens 50% am BKM-Sonderprogramm partizipieren zu können. Auch in die Infrastrukturen zur Koordinierung der Maßnahmen wurde investiert, z.B. über die Einrichtung von Koordinierungs- oder Fachstellen.

Thomas Bürger und Mario Glauert
Thomas Bürger und Mario Glauert (von links). © Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Carola Seifert

Über die Beiträge aus den Ländern zeigte sich die Vielfalt der landeseigenen Förderansätze: Niedersachsen unterstützt u.a. anspruchsvolle Langzeitprojekte mit einer Laufzeit von 10 bis 15 Jahren, wie die konservatorische Bearbeitung und Restaurierung des gesamten umfangreichen Nachlasses des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz. Hessen schafft mit seinem neu aufgesetzten Landesprogramm mit einem Volumen von insgesamt 2 Mio. Euro im Doppelhaushalt 2018/2019 gezielt Anreize zur Antragstellung im Rahmen des BKM-Sonderprogramms, indem gemäß Richtlinien eine Eigenmittelquote von lediglich 10% gefordert ist. Bei direkter Beantragung im Landesprogramm ist eine Eigenmittelquote von 20% gefordert.

Dank BKM-Sondermittel ist auf Länderebene begrüßenswerte Bewegung im Sinne des koordinierten Originalerhalts ausgelöst worden. Mehrfach formulierten Ländervertreterinnen und -vertreter jedoch den Appell, das BKM-Sonderprogramm in Richtung eines robusten Förderprogramms auszubauen. Nur über diese Perspektive kann das schriftliche Kulturgut in länderübergreifender Zusammenarbeit nachhaltig im Original gesichert werden.

Fachfragen im Fokus

Im zweiten Teil des V. Bundesweiten Expertengesprächs standen Fachfragen auf der Tagesordnung: Dr. Anna Haberditzl vom Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut am Landesarchiv Baden-Württemberg informierte zum Stand des Entwurfs der Norm DIN 32701, die zur Prüfung der Wirksamkeit von Papierentsäuerung bezogen auf spezifische Testpapiere angewendet werden kann. Der Normentwurf ist derzeit zur Kommentierung freigegeben. Die endgültige Norm soll – nach Bearbeitung der eingegangenen Einsprüche – voraussichtlich im Herbst 2018 veröffentlicht werden.

Reinhard Laube, Ursula Hartwieg und Maria Bering
Reinhard Laube, Ursula Hartwieg und Maria Bering (von links). © Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Carola Seifert

Weiterhin wurde zum aktuellen Stand des KEK-Modellprojekts "Norddeutsche Bibliotheken" (Laufzeit 2016–2018) informiert, worin ein Datenmodell für den standardisierten Austausch von Informationen über Maßnahmen zum Originalerhalt und Archivierungsabsprachen entwickelt wird. Dr. Alessandra Sorbello Staub, Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars Fulda, berichtete zum aktuellen Stand der bundesweiten Bestandsabfrage im Bereich kirchliche Bestände: Die Umfrage, die federführend von den Kirchenbibliotheksverbänden vorgenommen wird, nimmt die Bestände spartenübergreifend in die Betrachtung und wird zur Grundlage für weitere strategische Schritte ausgearbeitet. Die Auswertung soll noch zum Ende des Jahres 2018 vorliegen.

Ein neues Portal für die KEK

Als letzten Tagesordnungspunkt präsentierte die KEK die Zielstellungen des Webprojekts "Portal Originalerhalt" (Arbeitstitel). Ziel ist es, KEK-generierte Daten aus den Förderungen strukturiert aufzubereiten und Transparenz zu schaffen. Es gilt außerdem, ein systematisiertes, spartenübergreifendes Informationsangebot für die Community der Überlieferungssicherung herzustellen und die Desiderate zu bearbeiten, z.B. im Bereich Nachweis gesicherter Bestände.

Das bundesweite Expertennetzwerk für Originalerhalt wurde im Jahr 2013 von der KEK ins Leben gerufen. Ministeriell benannte Expertinnen und Experten der Sparten Archiv und Bibliothek aller Länder sowie aus Bundeseinrichtungen beraten seitdem regelmäßig strategische Fragen zur Entwicklung des koordinierten Originalerhalts in Deutschland.