Seit diesem Monat gibt es ihn digital und auf Papier: unseren Jahresbericht 2020. Er dokumentiert ein von bisher ungekannten Hindernissen geprägtes Jahr. Denn auch der bundesweit koordinierte Originalerhalt blieb nicht verschont von den Einschränkungen, die Corona setzte. Im Fördergeschehen längst routinierte Prozesse wurden verlangsamt, da neue Wege für eine rein digitale Kommunikation gefunden werden mussten. Trotz aller Kreativität bot sich für manche Standardsituation kein praktikables und effektives Alternativformat. Auch Zugangsbeschränkungen zu Magazinen und Werkstätten sind nicht digital ersetzbar. Förderprojekte konnten vereinzelt nicht vollständig umgesetzt werden.

Mit dem Originalerhalt steht und fällt die Digitalisierung

Corona war sicherlich ein guter Lehrmeister in Sachen Digitalisierungsoffensiven, aber eine Erkenntnis hat das Jahr 2020 rigoros bestätigt: Sind die Originale nicht zugänglich, nicht nutz- und verfügbar, bricht ein essentieller Ansatzpunkt weg. Die gesamtgesellschaftliche Tragweite der bundesweiten Koordinierung des Originalerhalts hat Corona aus neuer Perspektive vor Augen geführt: Mit der Erhaltung des schriftlichen Kulturguts steht und fällt die digitale Wertschöpfung der Originale. Nur solange wir uns der Originale selbst versichern, können sie Authentizität und Begreifbarkeit garantieren. Und dass unsere Förderlinien letztlich Aufträge für mittelständische Betriebe, kleine Werkstätten und Soloselbständige generieren, also in Zeiten der Pandemie zur wirtschaftlichen Grundlage von am Kulturgut Schaffenden beitragen, hat mehr als eine Randnotiz verdient. 

illustriertes Buch mit Farbfraß
Unter den Pferdehufen sind die Farbabsplitterungen als weiße Flecke sichtbar. © Jörg F. Müller

Abgesehen von der aktuellen Lage spiegelt unser Jahresbericht die Vielfalt der Projekte zum Originalerhalt, die 2020 umgesetzt wurden. Ein besonderer Fokus liegt auf ungewöhnlichen Beständen: In Offenbach waren es Karteikarten mit Niederschlagsmessungen, die vom Deutschen Wetterdienst sachgerecht archiviert wurden. In Halle ein Pferdemodell des französischen Anatomen Louis Thomas Jérôme Auzoux (1797–1880), das von gleich fünf Restaurator·innen instand gesetzt wurde. Und in Dortmund eine Flugblattsammlung aus den Revolutionsjahren 1848/49, an der Restaurierungsfehler früherer Jahrzehnte behoben werden mussten. Den kompletten Bericht mit allen drei Reportagen, der Projektliste 2020 und Statistiken zu beiden Förderlinien können Sie hier herunterladen.

Forschung für den Originalerhalt

Das Cover des Jahresberichts ziert ein besonders komplexes Schadensbild: der Farbfraß. In seinem reich illustrierten "Grundtliche[n] Bericht unnd Ordnung der gebis, wie ein jedes nach eines Jeden Pferds Art und eigenschafft von Jugendt auf sol gebraucht werden" (1576) präsentiert Stallmeister Georg Engelhard von Löhneysen (1552–1622) Prunkgeschirre und -sättel seiner Zeit. Das "gebis" im Titel bezeichnet das Mundstück des Zaums bzw. das dazugehörige Eisenwerk. Der Farbfraß an den Illustrationen, ausgeführt in Aquarell- und Deckfarben mit Goldhöhung, wurde 2019 in einem KEK-Modellprojekt untersucht. Anhand zerstörungsfreier Röntgenfluoreszenzanalyse konnten wirksame Elemente, vor allem der Kupfergehalt, nachgewiesen werden. Die chemischen Vorgänge sowie die bestmögliche Behandlung dieses fortschreitenden Schadensbilds sind nun in einem umfangreicheren Folgeprojekt zu erforschen.