Ein reich illuminierter Codex verlorener Wandzyklen, Künstlernachlässe aus dem Zentralarchiv oder eine historisch-kritische Gesamtausgabe: Dass ich während meiner akademischen Ausbildung Zugriff auf intakte Originale wie diese hatte, mutet beinahe trivial an. Zwar stieß ich bei Recherchen für Seminare und Abschlussarbeiten mitunter auf beschädigte Einbände, fehlende Seiten oder Wasserflecken. Die Bedeutung der KEK wurde mir jedoch erst im Frühjahr 2021 bewusst, als ich auf die Ausschreibung für ein Volontariat stieß und mich eingehender mit ihren Handlungsfeldern zu beschäftigen begann.

Wissensspeicher erhalten sich nicht von selbst

Jene Gedächtnisinstitutionen, denen sich die Koordinierungsstelle in ihrer Arbeit widmet, spielten für mich – zumal als Literatur- und Kunstwissenschaftler – eine zentrale Rolle. So selbstverständlich sich Archive, Bibliotheken und Museen als Wissensräume und -speicher etabliert haben mögen, so wenig sind sich viele Benutzer∙innen des Erhaltungszustands bewusst. Die viel bemühte Rede vom "schleichenden Zerfall" trifft hier voll ins Schwarze. In Fachwelt und Politik ist die Notwendigkeit des Originalerhalts hingegen über jeden Zweifel erhaben – eine signifikante Leistung der KEK.

Bibliothek
Ein berühmter Wissensspeicher ist die Bibliothek der Nationalen Akademie der Wissenschaften in Halle. © Markus Scholz

Während ich mich als Student den Wechselwirkungen von Bild- und Textkünsten widmete, verfolgte ich parallel eine Reihe praktischer Tätigkeiten. Zu Beginn meines Studiums lernte ich das Handwerk der Print- und Onlineredaktion in Verlagen kennen, es folgten Stationen in der Film- und Medienproduktion, wo die Text-, Bild- und Videoproduktion sowie Onlinekommunikation im Mittelpunkt stand. Ein wachsendes Interesse für kulturpolitische Zusammenhänge führte zu einem Abstecher in die Kulturförderabteilung in Schwerin. Direkt im Anschluss begleitete ich ein Ausstellungsvorhaben in Haifa, wo ich neben der Öffentlichkeitsarbeit auch mit Recherchen in israelischen Archiven und Bibliotheken beschäftigt war. Der Kontakt und Austausch mit Gedächtnisinstitutionen spielte für mich also auch außeruniversitär eine Rolle. In den zehn Jahren ihres Bestehens hat die KEK durch Sensibilisierung und Information maßgeblich zur Bewusstseinsbildung im Bereich Originalerhalt beigetragen. Weil ein Schwerpunkt meines Volontariats im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Redaktion liegen wird, freue ich mich darauf, meine neuen Kolleg∙innen in den nächsten zwei Jahren dabei zu unterstützen. Hier bieten sich zahlreiche Möglichkeiten für eigenverantwortliche Projekte: Ausstellungsvorhaben, Beiträge für das Online-Magazin oder neue Video- und Social-Media-Formate. Für mich ist schnell erkennbar, an welchen Stellen ich anknüpfen und mich einbringen kann.

Bewusstseinsbildung ist aktiver Kulturgutschutz

Zu den vielfältigen wissenschaftlichen und administrativen Aufgaben werden außerdem die Zuarbeit bei Infrastrukturprojekten und Projektförderung, das Auswerten der Datenbasis zum Originalerhalt und der Austausch mit wichtigen Akteur∙innen im Bereich Kulturpolitik gehören. Fortbildungen und Informationsbesuche in internen und externen Einrichtungen ermöglichen fundierte Einblicke in die Bestandserhaltung und die Aneignung von Fachwissen zum Originalerhalt.

Im besten Fall lerne ich also nicht nur die komplexen Handlungsfelder der KEK in den Bereichen des Originalerhalts und der Kulturpolitik kennen, sondern kann einen Beitrag zur Sichtbarkeit des schriftlichen Kulturguts sowie zu seiner Erhaltung leisten. Denn es gilt: Bewusstseinsbildung ist aktiver Kulturgutschutz. Der wiederum kommt unserem kulturellen Gedächtnis unmittelbar zugute. Die Bücher, Handschriften und Archivalien in den wissensbewahrenden Einrichtungen sind nicht allein Voraussetzung für akademisches Arbeiten und Forschen. Sie stellen einen maßgeblichen Unterbau für die unablässige Auseinandersetzung mit dem Denken und Wirken unserer Kultur und Gesellschaft dar.