Massenentsäuerung
Säurefraß
Die Hauptursachen des Papierzerfalls sind in den chemischen Abbauprozessen der Cellulose (säurekatalysierte Hydrolyse, Oxidation und fortschreitende Vernetzung) zu suchen. Diese Prozesse führen zu einem Verlust der Faserfestigkeit und der Elastizität des Fasergefüges. Eine zunehmende optische Veränderung durch Vergilbung und ein immer spröder werdendes Papier sind die Folge. Große Mengen des zeitgenössischen Archiv- und Bibliotheksgutes sind demnach von einer unwiederbringlichen Zerstörung bedroht.
Wenn dieser Säurefraß nicht durch eine Entsäuerungsbehandlung gestoppt wird, gehen einzigartige Bestände an Archivalien, Büchern und Zeitungen verloren. Bei dem Verfahren der Massenentsäuerung werden Erdalkali (Magnesium oder Calcium) mittels eines Lösemittels in die Papiersubstanz eingebracht. So wird das Papier neutralisiert und eine alkalische Reserve angelegt.
Verlangsamung der Abbauprozesse
Durch eine Massenentsäuerung kann die Lebensdauer und Nutzbarkeit säurehaltiger Papiere in Bibliothek und Archiv messbar verlängert werden. Denn dadurch verlangsamen sich die Abbauprozesse, da die alkalische Reserve neu entstehende Säuren (entstanden durch innere Abbauprozesse oder Schadstoffe von außen) neutralisiert. Dieses Verfahren kann jedoch nur den Ist-Zustand des Papiers erhalten. Es findet keine oder nur eine geringe Festigung des Papiers statt und die Abbauprodukte verbleiben im Papier. Sinnvoll ist die Massenentsäuerung deshalb nur für Bände, in denen das Papier noch stabil genug ist, aufgrund der Herstellungszeit (ca. 1850-1990) aber von einer Säureschädigung auszugehen ist.
Nur bei einer längeren wässrigen Behandlung, d. h. einer mehrmaligen Wasserbadbehandlung des Papiers, kann eine wirkliche Festigung des Papiers erfolgen. Die kurzkettigen, abgebauten Anteile der Cellulose werden hierbei ausgeschwemmt, die Papierfasern quellen auf und verfilzen sich stärker. Das vorher brüchige und steife Papier ist wieder flexibler und benutzbarer. Eine solche wässrige Behandlung (kein Einbad-Verfahren) ist aber nur bei einer restauratorischen Einzelblattbehandlung denkbar. Für gebundene Exemplare kommt sie nicht in Frage.
Die Massenentsäuerung sollte durch Dienstleister durchgeführt werden, welche eine Verfahrenskontrolle
nach der DIN 32701 nachweisen sowie eine restauratorische Begleitung der Entsäuerungsaktivitäten
gewährleisten können. Denn auch wenn die Massenentsäuerung ein hochtechnisierter Prozess ist, sollte die Heterogenität des historisch wertvollen Archiv- und Bibliotheksguts Beachtung finden.
- Die Massenentsäuerung (nach DIN 32701) neutralisiert das Papier und bringt eine alkalische Reserve in das behandelte Papier ein
- Ein bereits brüchiges Blatt wird auch nach einer Massenentsäuerung brüchig und nicht mehr lange benutzbar sein, wenn es nicht durch zusätzliche Maßnahmen stabilisiert wird
- Die Entscheidung für eine Massenentsäuerung sollte so früh wie möglich getroffen werden, da so die größte Lebendsauerverlängerung der Objekte möglich ist